Einzelhaltung
Eigentlich ist Einzelhaltung ja kein Symptom einer Verhaltensstörung. Trotzdem wollen wir dieses Thema gleich als Erstes ansprechen. In den allermeisten Fällen ist die praktizierte Einzelhaltung verantwortlich für psychische Störungen, die sich in allen typischen Symptomen äußern kann. (Welche auf den folgenden Seiten ausführlich vorgestellt werden.)
Die einzig richtige Therapie besteht in der Vergesellschaftung. In welcher Form dies realisiert wird, hängt vom Alter des Nymphensittichs und der Vorgeschichte ab. Viele Halter haben Bedenken, ob ihr Liebling nicht von der neuen Situation überfordert sein könnte und aggressiv wird. Nymphensittiche zählen aber mit zu den friedlichsten Papageien und sind daher vergleichsweise einfach zu vergesellschaften. Auch nach jahrelanger Einzelhaltung passt sich ein Nymphensittich innerhalb von Wochen an die neue Gesellschaft an. Der Prozess der Resozialisierung kann sich über Monate hinziehen und ist doch lohnenswert. Wie viel Zeit genau ein Vogel benötigt, hängt nicht nur von der Dauer der Einzelhaft ab. Auch die Vorgeschichte (Handaufzucht/Naturbrut, auf den Menschen geprägt, …) und letztendlich der Charakter des Nymphensittichs selbst spielen eine große Rolle.
Für alle Einzeltiere gilt - Ideal ist die Schwarmhaltung, kann dies nicht erreicht werden, muss zumindest ein gegengeschlechtlicher Partner dazu kommen. Ausnahmen bilden nur homosexuelle Tiere. Wir stellen hier einige typische Situationen vor und wie man dabei vorgehen sollte.
Mein Nymphensittich ist als erwachsenes Tier zu mir gekommen. Ist ein Nymphensittich erst spät in Einzelhaltung gekommen, entwickeln sich Verhaltensstörungen langsamer. Außerdem gliedert sich so ein Tier auch wesentlich schneller wieder in einen Schwarm ein. Haben Sie keine Bedenken das betroffene Tier direkt zu vergesellschaften!
Mein Nymphensittich ist stark auf den Menschen geprägt. Sieht Ihr Nymphensittich Sie als Partner an, erfordert es auch von Ihnen viel Disziplin im Prozess der Resozialisierung. Ziehen sie sich zurück und geben Sie den Vögeln Zeit sich miteinander anzufreunden. Ihr Liebling wird sich nicht mit den neuen Schwarmmitgliedern beschäftigen, wenn Sie weiterhin als Partnerersatz bereit stehen. Viele Halter behindern die Eingliederung in den Schwarm unbewusst, indem sie bei kleinen Streitigkeiten sofort eingreifen um ihren Vogel zu schützen. Aber auch aggressives Verhalten gehört zum normalen Sozialverhalten von Nymphensittichen.
Mein Nymphensittich ist eine Handaufzucht. Besonders schwierig ist es, (isolierte) Handaufzuchten in einen Schwarm einzugliedern. Als Halter sieht man oft auch gar keine Notwendigkeit dazu. Auf der anderen Seite werden gerade Tiere, die extrem auf den Menschen fixiert sind häufig zu den schlimmsten Problemfällen. Es gelten die gleichen Ratschläge wie beim vorherigen Punkt. Es ist leider nicht ungewöhnlich, dass vor allem isolierte Handaufzuchten nie ein normales Verhalten entwickeln. Daher sollte man auch kleine Fortschritte als große Erfolge werten. Erstaunlicherweise finden häufig zwei verhaltensgestörte Tiere zueinander. Bitte kaufen sie deshalb keine weitere Handaufzucht vom Züchter! Es gibt immer wieder Abgabevögel, die verhaltensgestört sind. Diesen Vögeln zu helfen ist sicherlich sinnvoller, als ein weiteres Tier zum Problemfall zu machen.
Mein Nymphensittich ist schon sehr alt. Bei manchen Fällen raten auch wir nicht zu radikaler Vergesellschaftung. Bei Vögeln, die stark fehlgeprägt sind sollte man behutsam vorgehen und die Tiere nur langsam an das Schwarmleben gewöhnen. Ein Vogel, der zum Beispiel 10 Jahre lang nur den Spiegel als Sozialpartner gekannt hat, kann sich nicht innerhalb von Tagen umgewöhnen. Für so ein Tier wäre der plötzliche Entzug des Spiegels, wie der Tod des einzigen Partners, den es je gekannt hat.
Mein Nymphensittich lebt bisher mit einem Wellensittich zusammen. Die erste Frage, die geklärt werden muss ist in welcher Beziehung die Vögel zueinander stehen. Meist toleriert man sich nur gegenseitig und lebt nebeneinander her. Nur selten gehen die Vögel eine soziale Bindung ein. In beiden Fällen empfehlen wir sowohl den Nymphensittich, als auch den Wellensittich zu vergesellschaften. Ob eine Trennung der Arten sinnvoll ist kann nicht pauschal beantwortet werden, sondern muss in jedem Fall neu abgewogen werden.
Die Entscheidung, wie man letztendlich vorgeht ist nicht immer leicht. Wenn Sie Hilfe suchen, schauen Sie gern in unser Forum.
Text: Jana Rückschloss